„Sieben frühe Lieder“ von Alban Berg, Genf „Viktoria Hall“, 25. Mai 2016
"Mit ihr ist Ekstase einfach. Es kostete sie scheinbar keinerlei Anstrengungen, sich in die höchsten Stimmregionen aufzuschwingen. Und keinerlei Makel ist in der unendlichen Zartheit ihres Gesangs zu vernehmen. Anne Schwanewilms ist eine Ausnahmekünstlerin. Man erinnert sich noch an ihren Liederabend im Oktober 2013 im Rahmen des Genfer Wagner-Festivals. Sie weckte schon damals höchste Emotionen bei ihren Zuhörern. Die Zeit hat dem Glanz ihrer Stimme nichts anhaben können. (…) Die 'Sieben frühe Lieder' von Alban Berg? Der Gipfel an Glut und Sinnlichkeit, Traumhaftigkeit und Empathie in der Stimme. Ihrem goldenen Timbre zuzuhören, von der erste Note an, die sie über das Orchester legt, ist wie neu in eine Welt der Töne hineingeboren zu werden. Ihr feines und gleichzeitig festes Anschwellenlassen der Töne, das konzentrierte Mitempfinden der Texte, die Reinheit der aufeinander folgenden Noten: Anne Schwanewilms erhellt die Dunkelheit der Nacht. Und sie geht die Seiten der Partitur an wie die Seiten eines geliebten Buches aus der Kindheit. Erzählerisch bis hin zum letzten Wort, musikalisch bis an die Grenzen der letzten Nuancen (…) Die Qualitäten einer solchen Künstlerin aufzulisten, wäre wie die Wassertropfen im Meer zu zählen. Wir begnügen uns daher damit, ihre musikalische Intelligenz, die Feinheit ihrer stimmlichen Farbpalette, die herausragende Artikulation der gleitenden Konsonanten ohne eine Spur von Sprödigkeit oder ihre Fähigkeit, uns in eine Traumwelt mitzunehmen, herauszustellen.“
Le Temps, Sylvie Bonier, 27. Mai 2016